Die Teilungen Polen-Litauens

Donnerstag, 6. Oktober 2016, 18:00 Uhr

 


Prof. Dr. Hans-Jürgen Bömelburg: Die Teilungen Polen-Litauens.
Neue Blicke auf einen Knotenpunkt der europäischen Geschichte

Polnische Akademie der Wissenschaften - Wissenschaftliches
Zentrum in Wien
1030 Wien, Boerhaavegasse 25

 

 

 

 

 

 

Die drei Teilungen des polnisch-litauischen Unionsstaates 1772-1795 sind in der europäischen Öffentlichkeit wie in der Fachwissenschaft nur selten als zentrales Ereignis europäischer Geschichte wahrgenommen worden. Zwar war mit Polen-Litauen unter den Staaten des östlichen Europa der einzige ständisch-dezentrale Verband aufgeteilt worden und einer der größten Flächenstaaten verschwunden. Zwar betrieben alle Teilungsmächte eine spätabsolutistische Innenpolitik, die liberale Grundrechte verletzte. Zwar endete im 19. Jahrhundert das als „Gendarm Europas“ wahrgenommene russische Imperium nun nicht mehr bei Smolensk, sondern 1500 km weiter westlich beinahe an der Oder. Jedoch erschien die Aufteilung Polen-Litauens, ähnlich wie die Auflösung des Alten Reichs, der von der „Verwandlung der Welt“ in den Bann gezogenen Öffentlichkeit als Teil des Untergangs der alten Ordnung, der zwar als bedauernswert, aber im System der „großen Mächte“ und im Interesse einer „Modernisierung“ als „naturgegeben“ aufgefasst wurde.

Im modernen Europa wurden die Teilungen mehrheitlich als nationales Problem diskutiert. Als „polnische Frage“ bestimmten sie die Mächtepolitik des 19. Jahrhunderts mit und zwangen über mehr als ein Jahrhundert lang die Teilungsmächte in ein Bündnis zur Wahrung des status quo gegen die polnischen Eliten zusammen. Durch die Nationalisierung Europas erschienen die Teilungen selbst bei liberalen Publizisten ausschließlich als Problem der Geschichte Polens. Mit der Neubegründung des polnischen Staates 1918 schien dies erledigt. Dass die größten europäischen Gesellschaften des 20. Jahrhunderts, die deutsche und die sowjetrussische, dies über Jahrzehnte nicht akzeptierten und erst schrittweise die Existenz eines Nachfolgestaates akzeptierten, löste einen weiteren Weltkrieg aus, wurde aber kaum als langfristige Auswirkung gesehen.
Um so umstürzender erschienen die Ergebnisse des revolutionären Umbruchs 1989/91, als dessen Ergebnis nun auf einmal vier Nachfolgestaaten des historischen Polen-Litauen, nämlich Polen, Litauen, Belarus’ und die Ukraine, entstanden. Ein Blick auf die Landkarte Europas zeigt, dass die Grenzen dieser Staaten sich zu einem erheblichen Teil mit den historischen Grenzen Polen-Litauens decken. Alle vier Staaten sehen sich als dessen Nachfolgestaaten: Diese Neuaneignung der polnisch-litauischen Geschichte hat struktur- und erinnerungsgeschichtliche Konsequenzen und verändert auch unsere Wahrnehmung der Teilungen: Diese werden weniger als ein Ereignis des Ancien Régimes oder eine Unterbrechung der Nationalgeschichte, sondern als epochale Zäsur in der Geschichte Europas konzeptionalisiert. Der Vortrag möchte diese neuen Ergebnisse vorstellen.

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